Seit der Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) sind zahlreiche neuartige Rechtsfragen entstanden, insbesondere im Bereich des Immaterialgüterrechts im Zusammenhang mit KI-generierten Werken. Für Entwicklungsländer stellt dies eine besondere Herausforderung dar, so auch für Vietnam – ein Staat, der KI als zentrales Element seiner technologiepolitischen Agenda für die kommende Entwicklungsphase definiert hat. Während Nachbarländer wie China und Südkorea bereits politische Maßnahmen zur Bewältigung dieser Problematik ergriffen haben, fehlt es in Vietnam bislang an konkreten gesetzlichen Regelungen.

Der vorliegende Beitrag untersucht zwei zentrale Fragestellungen: Zum einen, ob KI-generierte Werke urheberrechtlich schutzfähig sind, und zum anderen, wer als Urheber solcher Werke gelten kann. Die Analyse erfolgt unter Einbeziehung verschiedener nationaler Rechtsordnungen und wird mit der aktuellen Gesetzeslage in Vietnam verglichen. Ziel ist es, eine fundierte Grundlage für einen geeigneten Regulierungsvorschlag zu schaffen. Methodisch stützt sich die Untersuchung auf eine dogmatische Analyse, ergänzt durch Fallstudien und rechtsvergleichende Ansätze. Die Ergebnisse zeigen, dass das vietnamesische Recht in wesentlichen Aspekten mit internationalen Standards übereinstimmt, jedoch gewisse Unterschiede in der Auslegung potenziell zu unerwarteten Ergebnissen führen können. Eine Reform des Urheberrechts sowie die Ausarbeitung klarstellender Leitlinien erscheinen daher als zentrale Voraussetzungen für die Etablierung eines kohärenten und zukunftsfähigen Rechtssystems im Bereich des geistigen Eigentums im Kontext von KI in Vietnam.